Den Konfrontationskurs, den die Vertreter der Grünen Liste (GLB) zuletzt in der Koalition gegenüber ihren damaligen Partnern von der CDU verfolgt hatten, und den letztendlichen Bruch der langjährigen Zusammenarbeit sehen die Christdemokraten in einer Linie mit dem bevorstehenden Übergang der Wählergemeinschaft in die Partei Bündnis 90/Die Grünen.

"Die Grünen haben jetzt die sprichwörtliche Katze aus dem Sack gelassen. Während sie in der Koalition bis zuletzt stets betont hatten, dass sie eine Wählergemeinschaft auf kommunaler Ebene seien, muss doch schon seit geraumer Zeit der formale Anschluss an die grüne Parteistruktur vorbereitet worden sein", stellt CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Woißyk fest.

Besonders erstaunt zeigt er sich darüber, dass die GLB den Eindruck erweckt, aufgrund der Koalition mit der CDU nicht die Möglichkeit gehabt zu haben, neue Themen und Akzente zu setzen: Tatsache sei jedoch, dass die Wählergemeinschaft sich immer habe positionieren können und sie gleichberechtigt den Koalitionsvertrag durch ihre Inhalte mitgestaltet habe.

Zum Problem habe sich vielmehr entwickelt, dass die Grünen immer mehr die Arbeit der Koalition und damit das eigene Handeln kritisiert hatten. Statt Erfolge gemeinsam mit CDU und BfB darzustellen, wurden Punkte herausgestellt, die man noch nicht hat erreichen können. Die GLB sah sich lieber in der Opferrolle als wie eine selbstbewusste Akteurin.

Möglicherweise habe sie es nicht verwinden können, dass vermeintlich grüne Themen vor Ort von der CDU engagiert bearbeitet und weiterentwickelt wurden. Um den Naturschutz kümmern sich die Christdemokraten seit langer Zeit, auch dem Klimaschutz haben sie sich angenommen und praktikable Vorschläge gemacht. Der Ausbau des Radwegenetzes war ein gemeinsames Projekt der schwarz-grünen Koalition.

Der formale Akt der Neugründung eines Ortsverbandes von Bündnis 90/Die Grünen stellt weder inhaltlich noch personell einen Aufbruch dar. Ein Beispiel: Während ihre Partei landauf landab die Gleichberechtigung für Frauen einfordert, bekommt die Gruppe in Bensheim das nicht auf die Reihe.

Mit Adil Oyan gehört dem Magistrat ein Mann als hauptberuflicher Stadtrat an, den die Grünen vorgeschlagen haben. Ein weiteres Amt an der Stadtspitze würden sie gerne besetzen, nämlich die Position des Bürgermeisters – ihr Kandidat ist ebenfalls männlich.

"Wir hängen das nicht an die große Glocke, doch sind bei der CDU in Bensheim die Frauen stärker beteiligt. Zur Ersten Stadträtin wurde im vergangenen Jahr die Bewerberin der Union gewählt, auch die Stadtverordnetenvorsteherin und die einzige Ortsvorsteherin im Stadtgebiet kommen aus unseren Reihen", zählt Petra Jackstein, stellvertretende Vorsitzende, beispielhaft auf.

Obwohl die Grünen einen Kandidaten im weiteren Umkreis gesucht haben, ist die Wahl keineswegs auf eine Frau gefallen. Vielmehr habe sich die GLB durch ihren Entschluss, mit einer Person bei der Bürgermeisterwahl anzutreten, in die Situation manövriert, einen Bewerber von Außerhalb und ohne genauere Kenntnisse der Stadt zu haben.

Angesichts dieser Gemengelage halten die Christdemokraten es für ziemlich gewagt, wenn die Vertreter der GLB auf den Erfolgskurs der Grünen in bundesweiten Wahlumfragen verweisen, den sie auf lokaler Ebene nutzen wollen. Scheinbar seien sie von ihrem eigenen Handeln derart wenig überzeugt, dass sie auf die überörtliche Stimmung setzen und ihr örtliches Label gegen das der Bundespartei eintauschen.

Die CDU betont in ihrer Pressemitteilung, dass nicht nur die Aufstellung eines Bürgermeisterkandidaten seitens der Grünen ausschlaggebend für das Ende der Koalition gewesen sei. Vielmehr ergab sich der Bruch, weil das Vertrauen zu den bisherigen Partnern der GLB geschwunden war. Wie bei der Aufstellung ihres Bewerbers, die sie als "geheime Kommandosache" betrieben hatten, unter anderem bei einer Versammlung ohne Anwesenheit der Presse und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Sprachlos blieben die Vertreter der Grünen gegenüber ihren damaligen Partnern. Noch nicht einmal der Versuch, eine Änderung des Koalitionsvertrages zu erreichen, wurde unternommen. Stattdessen zogen sie sich auf die formale Behauptung zurück, dass der Kreisverband der Partei keine Verbindung zur örtlichen Wählergemeinschaft habe. Doch hatte letztere an ersteren die entscheidende Bitte gerichtet, einen Kandidaten aufzustellen.

Nun sehen sich die Christdemokraten in ihrer damaligen Wahrnehmung bestätigt: Die Bitte mit Blick auf die Bürgermeisterwahl bezeichnen die Vertreter der GLB im Pressegespräch inzwischen selbst als ersten Schritt dahin, "mehr Identität mit der Partei Die Grünen" zu suchen.

"Dieser Prozess der Selbstfindung hat es erschwert, sich über kommunale Themen zu verständigen, und dazu geführt, dass wir die Koalition beenden mussten", erklärt Tobias Heinz, Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes. „Wenn die Grünen wieder bereit sein sollten, sich gemeinsam für eine gute Zukunft unserer Heimatstadt einzusetzen, dann wäre eine erneute Zusammenarbeit möglich."

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